Beschreibung der Arten
Typosyllis valida (Grube, 1857) comb. nov.
Abb. 90
Locus typicus. — Valparaíso, Chile.
Typusmaterial. — ZMUC 881 (LT), ZMUC 890 (PLT + 1 Hinterende).
Beschreibung. — Neotypus relativ groß und kräftig. Segmentgrenzen sehr deutlich, intersegmentale Einschnitte zum Teil sehr tief. Länge: 24+ mm, 126+ Borstensegmente; Breite: 650 µm ohne, 900 µm mit Parapodien. Breiten-/Längenverhältnis der Segmente in allen Körperregionen ca. 4. Körperoberfläche glatt. Keine besondere Pigmentierung. Farbe in Ethanol ockergelb bis dunkelbraun.
Prostomium halbrund, eineinhalb mal so breit wie lang, anterior konvex, posterior nur leicht gebogen (Abb. 90A). Palpen kräftig, ovalförmig, so lang wie das Prostomium, dorsal über die gesamte Länge voneinander getrennt. Vier dunkelbraune Augen, trapezförmig angeordnet in der hinteren Hälfte des Prostomiums; vordere und hintere Augen oval, etwa gleich groß. Stirnaugen nicht feststellbar. Mediane Antenne 14-17-gliedrig, zwischen den vorderen Augen oder etwas davor; laterale Antennen 10-13-gliedrig, anterolateral. Antennen kräftig, nicht verjüngt, Gliederung +/- deutlich; Glieder breitoval bis subquadratisch.
Peristomium ringförmig, kürzer als die folgenden vorderen Segmente, vom Prostomium durch eine querverlaufende Grube getrennt, dorsal mit dem ersten Borstensegment verwachsen. Peristomialcirren dorsal 15-17-gliedrig, bis an die Palpenenden reichend, ventral ca. 12-gliedrig.
Parapodien zylindrisch, gerundet, ein Drittel bis ein Viertel der Körperbreite lang (Abb. 90O). Dorsalcirren wie folgt gegliedert: 1. DC 19-22-gliedrig, 2. DC 12-13-gliedrig, 3. DC 14-15-gliedrig, 4. DC 16-gliedrig, 5. DC 14-gliedrig, 6. DC 13-14-gliedrig, anterior mit 13-16, in Körpermitte mit 9-12, posterior mit 9-11 Gliedern. Dorsalcirrenglieder kugelig bis breitoval, geschwollen. Ventralcirrus daumenförmig, anterior schlanker, basal inserierend; ab Körpermitte ovalförmig, midbasal inserierend, kürzer als der Parapodiallappen. Letzte sechs praepygidiale Segmente borstenlos.
Zusammengesetzte Borsten falciger, subbidentat bis unidentat. Endglieder anterior kurz schälmesserförmig, 20-25 µm (ELV < 1,3); subbidentat; primärer Zahn stark gebogen, sekundärer Zahn sehr fein, in Gestalt sehr ähnlich wie die tertiären Zähnchen (Abb. 90B-D). Endglieder in Körpermitte breiter, sichelförmig, unidentat bis subbidentat (18-22 µm, ELV < 1,2); primärer Zahn nur wenig gebogen, sekundärer Zahn winzig oder fehlend, tertiäre Zähnchen sehr kurz und undeutlich (Abb. 90G-I). Endglieder posterior am kürzesten, in Gestalt ähnlich zu denen anterior (Abb. 90J-L). Schäfte der dorsalen Borsten meist schlanker, die der übrigen Borsten kräftiger, subdistal mit sehr kurzen Stacheln. — Einfache Dorsalborste sehr schlank, gerade, terminal sehr undeutlich gekerbt, subdistal glatt (Abb. 90M). Einfache Ventralborste nicht feststellbar. — Aciculae: anterior 4 (1 schräg abgestutzt, gerundet, 3 einfach, breit gerundet; Abb. 90E), in Körpermitte 2 (1 schräg abgestutzt, 1 einfach, breit gerundet; Abb. 90F), posterior 1 (stark gestaucht stempelförmig; Abb. 90N); ab Körpermitte doppelt so kräftig wie anterior.
Pygidium halbrund, mit paarigen Analcirren, 10-gliedrig; Glieder proximal breitoval, subdistal langoval. Medianer unpaarer Analcirrus winzig, subterminal auf der Dorsalseite.
Pharynxtubus über 8-9 Segmente, in Ethanol von gleicher Farbe wie der Körper. Zahn langoval, anterior zugespitzt, eineinhalb Zahnlängen hinter der Pharynxöffnung. Proventrikel so lang wie der Tubus, zwischen dem 11. und 17. BS, 32-38 (?) Muskelzellringe (undeutlich, auch nach intensiver Milchsäurebehandlung nicht genau erkennbar).
Verbreitung. — SO-Pazifik, Antarktis, SW-Atlantik, Neuseeland.
Diskussion. — Typosyllis valida ähnelt in der Gestalt der kurzen unidentaten Borstenendglieder T. vittata (GRUBE, 1840), T. flaccida (GRUBE, 1878) comb. nov., T. elongata (JOHNSON, 1901), T. adamanteus (TREADWELL, 1914), T. pigmentata (CHAMBERLIN, 1919) und T. magdalena (WESENBERG-LUND, 1962). Im Gegensatz zur vorliegenden Art besitzen T. flaccida, T. vittata und T. pigmentata zahlreich gegliederte Antennen, Peristomial- und Dorsalcirren; außerdem sind bei T. vittata und T. flaccida die tertiären Zähnchen wesentlich feiner und kürzer; bei T. elongatabesitzen die Parapodien anterior nur jeweils zwei Aciculae und ab Körpermitte jeweils eine Borste ohne Endglied;T. adamanteus ist dorsoventral stärker abgeflacht und besitzt anterior kürzere Segmente; bei T. magdalena sind die Borstenendglieder unidentat und stärker sichelförmig (Tab. 19).
Syllis brachycola EHLERS, 1897, S. palifica EHLERS, 1901 und Typosyllis (T.) dichatoensis HARTMANN-SCHRÖDER, 1962 fasse ich als jüngere Synonyme dieser Art auf. Die Borstenendglieder dieser Arten werden zum Teil als unidentat, zum Teil als bidentat beschrieben. Nachuntersuchungen an entsprechendem Material ergab, dass es sich in allen Fällen um subbidentate Borsten handelt, deren sekundärer Zahn wie bei Typosyllis valida sehr winzig ist. Die übrigen Merkmale dieser Arten stimmen ebenfalls gut mit denen von T. valida überein.
HARTMAN (1959) und WESENBERG-LUND (1962) interpretierten "Syllis valida" als nomen dubium. Im Zoologischen Museum von Kopenhagen konnten jedoch zwei Syntypen ausfindig gemacht werden. Diese wurden als Lectotypus [ZMUC 881] bzw. Paralectotypus [ZMUC 890] designiert. Bei der Untersuchung des Typusmaterials stellte sich heraus, dass die vorliegende Art in die Gattung Typosyllis zu stellen ist. Nach über 140 Jahren seit ihrer Beschreibung (GRUBE 1857) können erstmals Zeichnungen zu dieser Art zur Verfügung gestellt werden.
Bei der Festlegung des validen Namens für die vorliegende Art galt es abzuwägen, ob die ältere Bezeichnung (T. valida) oder der Name mit dem größeren Bekanntheitsgrad (T. brachycola) Gültigkeit haben sollte. Da Typusmaterial von "T. brachycola" nicht ermittelt werden konnte und wahrscheinlich verloren ist und andererseits die vorliegende Beschreibung auf dem noch vorhandenen Typusmaterial von "T. valida" basiert, sollte "Typosyllis valida (GRUBE, 1857)" die valide Bezeichnung für dieses Taxon sein.
Tab. 19: Typosyllis-Arten, deren Borstenendglieder kurz und sichelförmig sind:
T. valida (GRUBE, 1857) comb. nov., T. adamanteus (TREADWELL, 1914), T. pigmentata (CHAMBERLIN, 1919), T. pectinans (HASWELL, 1920) und T. magdalena (WESENBERG-LUND, 1962).
|
T. valida |
T. adamanteus |
T. pigmentata |
T. pectinans |
T. magdalena |
Länge, |
24+ mm, |
14,3 mm, |
17,2 mm, |
11 mm, |
10 mm, |
Pigmentierung / Körperoberfläche |
– |
– |
einzelne Pigmentflecke |
lichtbrechende Strukturen |
anterior ganzflächig dicht pigmentiert |
Gliederzahl der Antennen |
median 14-17, |
median 11+, |
median 30-35, |
median 26-30, |
median 20, |
Inserierung |
zwischen den vorderen Augen |
zwischen den hinteren Augen |
zwischen den hinteren Augen |
zwischen den hinteren Augen |
zwischen den hinteren Augen |
Gliederzahl der Peristomialcirren |
dorsal 15-17, |
dorsal 12, |
dorsal 45-50, |
dorsal 26-29, |
dorsal 20-22, |
Gliederzahl 1. Dorsalcirrus |
19-22 |
(abgebrochen) |
50-60 |
32-36 |
18-20 |
Gliederzahl der Dorsalcirren in Körpermitte |
9-12 |
10-12 |
55-65 bzw. 30-40 |
26-32 bzw. 20-24 |
ca. 20 bzw. ca. 15 |
Distales Ende der Borstenendglieder |
unidentat bis subbidentat |
unidentat bis subbidentat |
unidentat bis subbidentat |
unidentat bis subbidentat |
unidentat |
Zahl der Aciculae |
4 / 2 / 1 |
4 / 3 / 2 |
3 / 3 / ? |
3-4 / 2-3 / 1 |
3 / 2 / 2 |
Nadelförmige Acicula |
nein |
nein |
nein |
ja |
nein |
Länge des Pharynxtubus, |
8-9 Segmente, |
6 Segmente, |
6-7 Segmente, |
8-9 Segmente, |
7 Segmente, |
Position des Pharynxzahns |
1,5 Zahnlängen hinter der Pharynxöffnung |
|
|
im vorderen Pharynxdrittel |
dicht hinter der Pharynxöffnung |
Länge des Proventrikels, |
6 Segmente, |
8-9 Segmente, |
8 Segmente, |
5-6 Segmente, |
7 Segmente, |