Beschreibung der Arten

Typosyllis fasciata (Malmgren, 1867)

Abb. 102: Typosyllis fasciata (Malmgren, 1867)

Abb. 102

Locus typicus. — Spitzbergen.

Typusmaterial. — SMNH 2444 (6 ST).

Beschreibung. — Syntypen sehr groß, Segmentgrenzen +/- deutlich, intersegmentale Einschnitte kaum vorhanden. Größtes Tier 32 mm lang, 73 Borstensegmente; Breite: 1,6 mm ohne, 1,8 mm mit Parapodien (42 mm, 109 BS in Nicht-Typusmaterial [MNHN A-418]). Breiten-/Längenverhältnis der Segmente anterior 5, ab Körpermitte 3. Körperoberfläche glatt. Keine besondere Pigmentierung. Farbe in Ethanol weißlich.

Prostomium breitsubtriangular, anterior stark konvex, posterior gerade, mehr als zweimal so breit wie lang. Palpen kräftig, so lang wie breit und so lang wie das Prostomium, dorsal über die gesamte Länge voneinander getrennt. Vier runde bräunliche Augen, in einem weiten Trapez angeordnet in der Mitte des Prostomiums; vordere Augen doppelt so groß wie die hinteren. Stirnaugen nicht feststellbar. Mediane Antenne 20-gliedrig (36-38-gliedrig in MNHN A-418), in der Mitte des Augentrapezes; laterale Antennen 16-17-gliedrig (ca. 20 in MNHN A-418), anterolateral in einer leichten Einbuchtung. Antennen kräftig, kaum verjüngt, Gliederung sehr deutlich; Glieder proximal breitoval, ansonsten subquadratisch mit stark gerundeten Ecken, zum Teil unterschiedlich groß, so dass kleinere und größere Glieder unregelmäßig abwechseln.

Peristomium vom Prostomium durch eine deutliche Grube abgegrenzt, dorsal mit dem ersten Borstensegment verwachsen. Peristomialcirren dorsal etwa 20-gliedrig, ventral zwei Drittel der Länge, mit 15-16 Gliedern.

Parapodien zylindrisch, etwa ein Viertel der Körperbreite lang. Dorsalcirren wie folgt gegliedert: 1. DC 30-32-gliedrig, 2. DC 20-gliedrig, 3. DC 24-26-gliedrig, 4. DC 28-gliedrig, 5. DC 24-25-gliedrig, 6. DC 20-23-gliedrig, in Körpermitte mit 26-28 bzw. 20-24, posterior mit 24-25 bzw. 17-20 Gliedern, nur geringfügig in der Länge alternierend. Dorsalcirren ähnlich wie Antennen. Ventralcirrus daumenförmig, midbasal inserierend, bis an das Ende des Parapodiallappens reichend.

Zusammengesetzte Borsten falciger, unidentat; anterior 10-12, in Körpermitte 10, posterior 8 pro Borstenbündel. Endglieder schälmesserförmig bis lang sichelförmig, anterior 40-50 µm (ELV bis 1,3; Abb. 102A-C), in Körpermitte 45-50 µm (ELV 1,2; Abb. 102D-E), posterior 30-40 µm (ELV 1,3; Abb. 102F-G). Terminaler Zahn geschmeidig gebogen, gerundet; selten ein winziges, fast unscheinbares sekundäres Zähnchen (Abb. 102G). Tertiäre Zähnchen sehr fein, etwa einheitlich lang innerhalb des Endglieds. Schäfte anterior schlanker, ab Körpermitte kräftiger und breiter, posterior weniger breit, in dorsalen Borsten subdistal meistens glatt (Abb. 102A), ab Körpermitte mit kurzen feinen Stacheln, besonders in ventralen Borsten (Abb. 102G). — Einfache Dorsalborste und einfache Ventralborste nicht vorhanden. — Aciculae: anterior 2 (einfach, schlank; Abb. 102H), in Körpermitte 2 (1 schräg abgestutzt, lang, 1 einfach, zugespitzt, kürzer; Abb. 102I), posterior 1 (einfach); ab Körpermitte doppelt so dick wie anterior.

Pygidium halbrund, mit paarigen Analcirren, 22-26-gliedrig, und einem winzigen unpaaren Analcirrus, ein Bruchteil der Größe der Endglieder der lateralen Analcirren.

Pharynxtubus über 10 Segmente, in Ethanol von etwa gleicher Farbe wie der Körper. Zahn schlank mitraförmig, 3-4 mal so lang wie breit, über die Pharynxöffnung hinausreichend. Proventrikel etwa so lang wie der Pharynx, zwischen dem 6. und 14. BS, 37-39 Muskelzellringe (cranial 5, caudal 32-34), in Ethanol dunkelbraun.

Reproduktion. — Ein Weibchen des untersuchten Materials trägt in etwa 20 hinteren Segmenten jeweils über 100 Oocyten mit einem Durchmesser von je ca. 50 µm.

Verbreitung. — Barentssee, Nordpolarmeer, Grönlandsee, Nordsee, Antarktis (?).

Diskussion.Typosyllis fasciata ähnelt T. vittata (GRUBE, 1840) hinsichtlich der unidentaten, sehr fein gezähnten Endglieder, der Gestalt der Dorsalcirren sowie der Zahl proventrikulärer Muskelzellringe. T. vittata besitzt jedoch wesentlich mehr falcigere Borsten und Aciculae pro Borstenbündel (siehe T. farallonensis BLAKE & WALTON, 1977, Tab. 20).

Die Aciculae von Typosyllis fasciata erinnern an die von T. aciculata TREADWELL, 1945, die dort ebenfalls sehr kräftig sind, in ihrer Gestalt "einfach" und distal aus dem Parapodiallappen herausragen. T. aciculata besitzt aber anterior vier Aciculae und die falcigeren Borsten sind gröber gezähnt.

Malmgren beschrieb diese Art 1867 aus arktischen Gewässern (Spitzbergen). Fast 80 Jahre später wurde diese Art auch aus dem Nordpazifik und anderen Ozeanen gemeldet: Kalifornien, Kanada (BERKELEY & BERKELEY 1941, 1942, 1948), Sachalin (USCHAKOV 1955), Gelbes Meer (USCHAKOV & Wu 1960, 1962b, 1963a, 1963b, 1965, 1979), Japan (IMAJIMA 1963, 1966c), Japanisches Meer, Sachalin (BUZHINSKAJA 1967, 1980, 1985) und Korea (RHO & LEE 1987). BANSE (1972) belegte, dass es sich bei derartigem aus dem Pazifik gesammelten Material nicht um Malmgrens "Syllis fasciata", sondern um Typosyllis pulchra (BERKELEY & BERKELEY, 1938) handelt, die in dieser Arbeit als jüngeres Synonym von T. pigmentata (CHAMBERLIN, 1919) verstanden wird. Dieses trifft auch für die aus dem Kamchatka Institute of the Ecology and Environment, Petropavlavsk, als Syllis fasciata entliehenen Tiere zu.

Die zahlreichen Zitierungen von Typosyllis fasciata aus dem Pazifik sind vermutlich darauf zurückzuführen, dass BERKELEY & BERKELEY (1941, 1942, 1948) diese Art aus dem Pazifischen Ozean beschrieben hatten. Die Arbeiten dieser beiden Autoren dienten späteren Arbeiten als Vorlage (z.B. USCHAKOV 1955) und diese wiederum weiteren Arbeiten (z.B. IMAJIMA 1966c), so dass sich im Laufe der Jahre dieser Bestimmungsfehler in der asiatischen Polychaetenliteratur manifestierte.

Tab. 20: Typosyllis-Arten mit ausschließlich falcigeren zusammengesetzten Borsten, deren Borstenendglieder zahlreiche, einheitlich sehr kurze, feine tertiäre Zähnchen besitzen:
T. vittata (GRUBE, 1840), T. nigricirris (GRUBE, 1863), T. fasciata (MALMGREN, 1867), T. flaccida (GRUBE, 1878) comb. nov., T. dentata HARTMANN-SCHRÖDER, 1960) und T. farallonensis BLAKE & WALTON, 1977.

 

T. 
vittata

T. 
nigricirris

T. 
fasciata

T. 
flaccida

T. 
dentata

T. 
farallonensis

Länge,
Zahl der Borstensegmente

29,5 mm,
112 BS

26 mm,
79-188 BS

32 mm,
73 BS

37 mm,
120 BS

8 mm,
82 BS

5 mm,
43 BS

Pigmentierung

 

Gliederzahl der Antennen

median 30,
lateral 25

median 17-22

median 20,
lateral 16-17

median 26-30,
lateral 18-22

median 19,
lateral 8-10

median 8,
lateral 6

Inserierung
der medianen Antenne

zwischen den hinteren Augen

vor den hinteren Augen

in der Mitte des Augentrapezes

in der Mitte des Prostomiums

vor den vorderen Augen

in der Mitte des Augentrapezes

Gliederzahl der Peristomialcirren

dorsal 30-38,
ventral 20-24

dorsal 25-27,
ventral 14

dorsal 20,
ventral 15-16

dorsal 40-45,
ventral 20

dorsal 16-19,
ventral 9

dorsal 5-6,
ventral 5-6

Gliederzahl 1. Dorsalcirrus

52+

30

30-32

30-35

19

5

Gliederzahl der Dorsalcirren in Körpermitte

45 bzw. 30

48 bzw. 20

26-28 bzw.
20-24

30-40 bzw.
25-28

15-16 bzw.
7-8

3-4

Zahl falcigerer Borsten
(anterior, Mitte, posterior)

20 / 13-15 /
11-12

11-12 / 8-10 / ?

10-12 / 10 / 8

ca. 11

10-12 / 9-10 /
9-10

20 / 12-15 / 5-7

Endgliedlängenverhältnis
falcigerer Borsten
(anterior, Mitte, posterior)


2 / 1,5 / 1,5


2 / 1,7 / ?


< 1,3 / 1,2 / 1,3


1,2 / 1,8 / < 1,2


1,3 / 1,2 / 1,2


< 1,2 / 1 / < 1,2

Zahl der Aciculae
(anterior, Mitte, posterior)

3-4 / 2 / ?

5 / 3 / ?

2 / 2 / 1

4 / 4 / 2

1 / 1 / 1

4 / 2 / 2

Länge des Pharynxtubus

10 Segmente

12 Segmente

10 Segmente

12 Segmente

4 Segmente

6-7 Segmente

Länge des Proventrikels,
Zahl der Muskelzellringe

9 Segmente,
36-38 Ringe

13-14 Seg.,
40 Ringe

8 Segmente,
37-39 Ringe

7-8 Segmente,
30-34 Ringe

5-6 Segmente,
26-28 Ringe

8 Segmente,
45 Ringe

Länge des Proventrikels
im Vergleich zum Pharynxtubus

 

eineinhalb mal so lang

gleich

eineinhalb mal so lang

 

ein Drittel länger